Drehungen gehören unzweifelhaft zu den effektvollsten Figuren, die das
Tanzen zu bieten hat. Doch was macht eine wirklich gute Drehung aus?
Sicherlich gibt es eine große Palette an Qualitätskriterien für Drehungen.
Drehen die Partner zeitgleich oder gar mit gleicher Fußgeschwindigkeit? In
welcher Körperhaltung wird gedreht? Wie rhythmisch wird gedreht? Und ... und
... und ...
Doch eigentlich ist das alles nur schmückendes Beiwerk!
Entscheidend für eine gute Drehung ist das Ende! Wird die Drehung fehler-
und ruckelfrei "gestanden", also beendet? Schön ist eine balancierte
Drehung. Sie wird im Regelfall noch schöner und effektvoller, wenn sie
mehrfach gedreht ist. Doch alles wird zunichte gemacht, wenn am Ende kein
kontrollierter Figurenausgang mehr möglich ist!
Man muss kein Freund von vielen Drehungen sein um zuzugeben, dass sie echte
Highlihts eines Tanzvortrags sind. Aber mit ihnen verhält es sich wie mit
saltischlagenden Turmspringern: Das Publikum wird mit jedem weiteren Salto
begeisterter, die Spannung steigt mit jedem weiteren Überschlag und
funktioniert alles, ist die Hochachtung garantiert ... platscht der Springer
aber schließlich nur noch unkontrolliert ins Wasser, sind alle Salti
vergessen!
Ebenso sollten Tänzer sich nicht nur des Showpotenzials ihrer Drehungen
bewusst sein, sondern auch des Risikos. Sicher zu stehende Drehungen - ganz
egal welcher Art - sind gut, werden sie aber unbalaciert und nicht mehr
kontrolliert zu beenden, waren sie das Risiko wahrscheinlich nicht wert! An
dieser Stelle entscheidet also nicht nur das tänzerische Potenzial des
Paares über die Qualität des Tanzvortrages, sondern auch die korrekte
Selbsteinschätzung des Paares!
Unbestreitbar das eigentliche Problem von Drehungen ist das Halten des
Gleichgewichts. Und es ist auch nicht zu leugnen, dass dies hauptsächlich
eine Frage der Übung ist, der Routine im Umgang mit dem ungewohnten
Bewegungsablauf.
Einige technische Aspekte sind aber dennoch hilfreich und erleichtern das
Üben. Unzweifelhaft erleichtert ein teifer Körperschwerpunkt das Halten des
Gleichgewichtes. Gerade beim Drehen sind Tänzer aber auf eine möglichst
geringe Kontaktfläche zum Boden angewiesen, weil jeder Reibungswiderstand
hinderlich ist. Man kommt also nicht umhin, auf den Ballen zu drehen.
Entscheidend ist allerdings, sich von der Idee zu lösen, man müsse auf den
Zehenspitzen stehen!
Wer wirklich hoch auf den Zehenspitzen steht, beschneidet sich in zweierlei
Hinsicht seiner Möglichkeiten:
Erstens wandert der Körperschwerpunkt nach oben, was schon rein physikalisch
das Halten des Gleichgewichts erschwert. Zweitens verändern sich die Hebel,
mit denen sich aufkommende Gleichgewichtsverluste korrigieren lassen. Das
näher zu erläutern hilft die Abbildung rechts --»
Die rote Linie markiert die Position des Körperschwerpunkts. Der Körper muss
nun so auf beiden Seiten der roten Linie "verteilt" werden, dass der
Körperschwerpunkt auch wirklich auf dieser roten Linie liegt, denn nur so
ist ein balanciertes Stehen gewährleistet. Sehr schematisch dargestellt wäre
der Körper dann die schwarze Linie.
Der grüne Bereich unter dem Fuß stellt nun den Bereich dar, über dem wir
Teile des Körpers verteilen können und vor allem auch umverteilen
können, wenn ein Gleichgewichtsverlust naht.
Dieser Bereich wird eklatant kleiner, je höher ein Tänzer sich auf seine
Zehenspitzen stellt (vgl. rechte Bildhälfte). Auf diesem Weg behindert sich
ein Tänzer also gleich doppelt!
Um das zu verhindern ist die technisch eleganter Möglichkeit, die Ferse zwar
anzuheben, aber eben nur so weit, wie es unbedingt notwendig ist. Dann ist
die Kontaktfläche wie gewollt auf den Ballenbereich reduziert, die o.g.
Nachteile aber bleiben aus bzw. werden auf ein Minimum beschränkt.
So beeindruckend Drehungen auch sein können, sie sind zunächst einmal
eine gleichmäßig fließende Bewegung. Gleichmäßig fließend ist im Regelfall
aber genau das Gegenteil von rhythmisch pointiert, was sonst immer des
Tänzers Streben ist.
Dem ist abzuhelfen durch Headspots. Bei einem Headspot dreht sich der Kopf
einfach nicht so gleichmäßig wie der unter ihm rotierende Körper. Der Kopf
fixiert vielmehr trotz der Drehung des Körpers einen festen Punkt im Raum
und dreht sich erst im letzten Moment, wenn es nicht mehr anders geht. Dann
aber sofort komplett, bis wieder der ursprüngliche Punkt im Raum fixiert
werden kann.
Auf diesem Weg erhält die eigentlich gleichmäßig fließende Drehung eine
rhythmische Komponente, die den gesamten Ablauf schneller, kontrollierter
und pointierter erscheinen lässt!